Sind Träume eine Sprache Gottes?
Evangelikale, achtet auf eure Träume! Seit einiger Zeit wird dieses Thema hier und da belebt. Beispielsweise in
einem Seminar von Reinhold Ruthe, das im Mai 2011 im christlichen Gästezentrum Schönblick angeboten wird. Das Thema „Träume" bekam im letzten Jahr einen kräftigen Schub durch eine Titel-Geschichte
des ev. Magazins Idea Spektrum. In Folge wurde das Thema im Evangeliums-Rundfunk (ERF) und sogar in der katholischen Presse aufgegriffen. In seiner Ausgabe vom 11. August 2010 lässt
Idea Spektrum den Schlafmediziner Dr. med. Rüdiger Karwath (52) zu Wort kommen, der in einem Interview erklärt, dass Gott auch heute noch durch Träume spreche. Der Ärztliche Direktor der HELIOS-Kliniken in Schwerin rät sogar, sich Zettel und Stift neben das Bett zu legen, um Träume „sofort zu notieren". Danach müssten sie jedoch gedeutet werden, so das Mitglied der mecklenburgischen Landeskirche. Karwath empfiehlt, zur Deutung der Träume die Erkenntnisse der Tiefenpsychologen Siegmund Freud (1856 -1939), C. G. Jung (1875 -1961) und Alfred Adler (1870 -1937) zu Rate zu ziehen. Um die Wichtigkeit von Träumen herauszustellen, geht der Leiter eines Schlaflabors sogar soweit zu behaupten: „Ohne Träume gäbe es kein Christentum!" Karwath hebt dabei auf die Träume der Weisen aus dem Morgenland und die Träume von Josef ab, die das Jesuskind vor der Kleinkinder-Mordserie des Herodes retteten.
Führt man in Bezug auf Träume eine biblische Recherche durch, ergibt sich ein sehr aufschlussreiches Bild: Träume in der Zeit des Alten Testamentes (AT) waren zumeist symbolisch und mussten
gedeutet werden. Eines der wohl bekanntesten Beispiele dafĂĽr findet sich im 2. Kapitel des Buches Daniel: Es ist der Traum des babylonischen Herrschers Nebukadnezar, der von Daniel ausgelegt wird.
Die wenigen Träume, die im Neuen Testament (NT) – und dort ausschließlich im Matthäus-Evangelium – geschildert werden, waren nicht mehr symbolische, sondern direkte Mitteilungen Gottes, die sofort von den
Träumenden verstanden wurden. So teilte Gott den „Weisen aus dem Osten" im Traum mit, nicht mehr zu Herodes nach Jerusalem zurückzukehren, um ihm zu verraten, wo sie das Jesuskind gefunden hatten, sondern
einen anderen Heimweg zu wählen. Der griechische Begriff, der in dieser Bibelstelle für „Traum" gewählt wurde, heißt im Griechischen „onar". Er wird auch bei den anderen Träumen - z.B. denen von
Josef – im Matthäus-Evangelium gebraucht. Ein weiterer griechischer Begriff im NT, der in manchen Bibeln mit „Traum" übersetzt wird, heißt „horama". Doch er meint nicht im Eigentlichen einen
menschlichen Traum, sondern eine Vision – eine Vision, die auch bei Nacht stattfinden kann. So findet sich horama beispielsweise in der Apostelgeschichte, Kapitel 10, wo geschildert wird, wie der Hauptmann
Kornelius "etwa um die neunte Stunde des Tages" eine Vision (Gesicht) hatte, in der der römische Soldat aufgefordert wird, Petrus holen zu lassen. Derselbe Begriff „horama" kommt auch in der
Apostelgeschichte, Kapitel 16, Vers 9 vor. Dort wird berichtet, wie Paulus in der Nacht eine Vision hatte, in der er von einem Mann aufgefordert wird, nach Mazedonien zu kommen. Bei der Analyse der
Schilderungen von Träumen in der Bibel ergibt sich ein eindeutiges Bild: Das NT enthält anders als das AT keine sinnbildlichen Träume oder Auslegungen. Gott gibt im Traum präzise Anweisungen, was getan werden
soll. Träume im NT benötigen somit keine Auslegung. Wenn Gott tatsächlich durch Träume spricht, dann redet er seit der Zeit Jesu verständlich. Und noch eine Besonderheit fällt bei der Verwendung des Begriffes
„onar" auf. Die Träume im NT unterscheiden sich von den Träumen im AT darin, das sie christozentrisch sind, sich also irgendwie auf Christus beziehen, und nicht egozentrisch sind wie z. B. bei dem Traum von
Nebukadnezar. Diese Art Gesetz findet sich bis heute. So berichten Missionare in der islamischen Welt, dass eine nicht geringe Zahl von Muslimen in Träumen Hinweise erhält, sich zu Jesus Christus
zu bekehren. Dabei gehe es immer darum, dass die im Schlaf Angesprochenen den Fingerzeig bekämen, Christen aufzusuchen oder in der Bibel zu lesen. So sah beispielsweise der Sohn eines Moschee-Vorstehers im Traum
einen weißgekleideten Mann mit einem grünen Buch, dessen Titel aber nicht Koran, sondern Injil (Evangelium) lautete. Der Muslim wurde später Christ. Der Traum war der Anstoß, sich auf die Suche nach dem lniil zu
machen, führte aber nicht direkt zu einer Bekehrung – ein Phänomen, das sich immer wieder zeigt. Träume alleine bewirken keine vollständige Bekehrung. Auch hierzulande berichten vereinzelt Christen davon, dass
ihnen im Traum ganz klar geworden sei, dass sie ohne eine Bekehrung zu Jesus Christus für Zeit und Ewigkeit verloren seien. Spricht Gott auch heute noch durch Träume? Die Antwort lautet: Vereinzelt
schon, aber wenn, dann werden die Botschaften von den Träumenden ohne fremde Hilfe verstanden. Von daher ergibt sich die klare Schlussfolgerung: Wenn Gott sich im Traum mitteilt, braucht der Angesprochene in der
Regel keine zweite Person, die ihm diesen Traum auslegt. Schon gar nicht Menschen bzw. Erkenntnisse von Menschen, die den Gott der Bibel nicht kennen oder sogar klar antichristlich eingestellt waren wie Freud, Jung
oder Adler. C. G. Jung bezeichnete Freuds Psychoanalyse als teuflisch inspiriert, machte dann aber später selber Erfahrungen mit einem Dämon namens Philemon. Der Dämon habe ihm in langen Lehrgesprächen Wissen
über die dunkle Seite unserer Psyche vermittelt, so Jung in seinem als „Rotes Buch" bekannt gewordenen Tagebuch. Rund ein Drittel seines irdischen Lebens verbringt der Mensch im Schlaf. Dabei
erlebt er etwa 150.000 Träume. Pro Nacht beträgt die Traumphase etwa 90 bis 100 Minuten. Der Mensch träumt somit während eines durchschnittlichen Lebensalters zusammengenommen mehrere Jahre. In diesen Träumen
werden Erlebnisse des Lebens vom Gehirn bearbeitet und verarbeitet – und das ist für die psychische Gesundheit des Menschen durchaus wichtig. Wie und warum das letztlich geschieht, ist bis heute nicht eindeutig
geklärt. Auf Botschaften aus seinen Träumen zu achten, Traumsymbole zu deuten und dann davon gar seine Lebensgestaltung abhängig zu machen, ist deshalb höchst fragwürdig – um so mehr, da die heute verwendeten
Traumdeutungsmuster sehr stark von Freud, Jung und Adler bestimmt werden. Mitten im Interview mit Idea Spektrum trifft Schlafmediziner Karwath eine Aussage, die zum Thema „Traum" eigentlich
alles sagt: „Mit dem Wort Gottes und mit Jesus Christus haben wir alles, was wir als Christen brauchen." Direkt die beiden nächsten Sätze, die Karwath formuliert, sind deshalb nicht nur überflüssig,
sondern auch für nicht so bibelfeste Christen höchst gefährlich: „Dennoch spielen Träume mitunter eine wichtige Rolle. Ohne Träume und deren Befolgung würde es das Christentum nicht geben!" – will
heißen: Christen, achtet auf eure Träume!
Luther hatte zu Träumen folgende Einstellung, die
auch heute für gläubige Christen hilfreich sein kann: „... ich habe mit Gott, meinem Herrn, einen Bund gemacht, dass er mir nur keine Gesichte und Träume und auch darzu keinen Engel senden solle. Denn ich bin
mit dieser Gabe wohl zufrieden und lasse mich gern daran genügen, dass ich die Heilige Schrift habe, die mich reichlich lehret und berichtet alles, so beide, zu diesem und zum künftigen Leben, zu wissen vonnöten
ist. Dieser Heiligen Schrift glaube ich und bin damit zufrieden.
TOPIC Nr. 02/2011
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